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Positionen, Meinungen, Sexappeal...

Wie versprochen halten wir euch über unsere Arbeit für die Sektion auf dem Historikertag auf dem Laufenden. Worum es dem Netzwerk für Historische Grundwissenschaften als Vertreter des Mittelbaus genau geht, verraten wir euch hier.

 Ein Beitrag von  Anne Sowodniok


 

Bereits im letzten Beitrag wurde von dem jährlichen Treffen des NHG im April in Köln berichtet. Mit der Diskussion auf dem Abendvortrag war der Grundstein gelegt für ein ausführliches Brainstorming für Hamburg.

 

Mehr, mehr, mehr…

 

Grundlegend stehen alle Verfechter der Historischen Grundwissenschaften vor den gleichen Problemen. Das Fach ist bereits seit geraumer Zeit im Abbau begriffen, das Interesse an aktiver Forschung in diesem Bereich ist aber bei den jungen NachwuchswissenschaftlerInnen ungebrochen. Damit scheint es eine logische Folge die Stärkung des grundwissenschaftlichen Unterrichts an den Universitäten und damit verbunden der Position des Mittelbaus zu fordern. Die Probleme erleben viele der Mitglieder am eigenen Leib; beginnend bei einer unsicheren Zukunftsplanung, die als Argument auch aus den bereits länger geführten Debatten um den schwierigen Weg des Nachwuchses in der Wissenschaft hinlänglich bekannt sind. Wichtiger für unsere Belange ist hier aber auch die Lehre. Der Wunsch nach innovativer engagierter Lehre auf beiden Seiten, Studierenden und Dozenten, steht stetig in Konflikt mit anderen Aufgaben, Qualifikationsprojekten usw., die ebenfalls in das Zeitfenster meist einer 50% Stelle in drei Jahren geleistet werden wollen. Vielen ist bewusst, auf die Quintessenz heruntergebrochen steht am Ende dieser Forderung der Ruf nach mehr Geld. Ebenso weder neu noch ein Alleinstellungsmerkmal für unsere Ziele, allerdings ebenso unumgänglich.

 Als weitere mögliche und wichtige Baustelle fällt in den derzeitigen Diskussionen immer wieder die Modernisierung der HGW ins Auge. Damit ist natürlich die Notwendigkeit zur Nutzung neuer digitaler Möglichkeit gemeint. Die Digital Humanities stärker auch in den geistes- und vor allem geschichtswissenschaftlichen Studienplänen zu verankern ist dafür ebenso wichtig, wie die Kooperation dieser beiden Disziplinen miteinander zu fördern und zu fordern. Dabei sind solche Projekte bereits vorhanden. Hinreichend bekannt sind digitale Editionen, Datenbanken, aber auch Projekte für Studierende sind bereits angestoßen. Hier bewegen wir uns also ebenfalls nicht auf neuem Terrain. (einige Projekte wurden bereits hier vorgestellt) 

 

Kommunikation und Kooperation

 

Trotzdem bleibt die Lage für die Historischen Grundwissenschaften „eine Misere“, um es mit Eckart Hennings Worten zu sagen, an denen er auch in seiner aktuellen Ausgabe der „Auxilia Historica“ weiter festhält. Woran liegt das nun, wenn alle Probleme hinlänglich bekannt sind, die Forderung nach Integration neuer Möglichkeit bereits aufgegriffen wurden?

 

Unserer Meinung nach, ist es eine Frage der richtigen Kommunikation und Kooperation auf Augenhöhe. Besonders an den Universitäten ist dies wichtig und auch umsetzbar. Gleichzeitig muss aber auch geschaut werden, was bereits in Arbeit ist. Welche Lösungen wurden vielleicht im Kleinen bereits gefunden, die auch für weitere Projekte denkbar wären. Nicht jeder muss das Rad neu erfinden.

Für eine solche Verständigung bedarf es aber auch der grundlegenden Kenntnisse beider Bereiche auf beiden Seiten, den HGW und den DH. Historiker wären überrascht, was abseits der immer wieder geforderten Datenbanken alles möglich ist. Auf der anderen Seite, wie sollen die IT-Kundigen Perspektiven und Möglichkeiten für historische Forschungen aufzeigen, ohne zu wissen, was die „Bücherwürmer“ eigentlich genau tun? An diesem Punkt schließt sich der Kreis. Ohne eine entsprechende Verankerung im universitären Lehrangebot wird dieser Zustand des gegenseitigen Verständnisses nie erreicht. Potential wird ungenutzt bleiben. Etabliertes Wissen wird verfallen. Diese Argumentation ließe sich ebenso auf andere Fächer und Epochen ausweiten.

 

Aktive Vorschläge statt passivem Klagen

 

Im Endeffekt zeigen diese Überlegungen aber auch, dass neben der ganzen Klage um den Notstand der Historischen Grundwissenschaften, der unserer Meinung nach zu viel Energie gewidmet wird, bereits einiges auf dem Weg ist und konkrete Problemlösungen gefunden werden können und weiterhin verstärkt sollten. Aktive Vorschläge sind neben der Artikulation konkreter Forderungen für das NHG an diesem Punkt der Weg zum Ziel! Und hier wünschen wir uns noch mehr Einsatz der Professoren, ebenso wie beim aktiven Kampf um die Position des Mittelbaus.

  

Diese auf dem Treffen zusammengeführten Punkte gilt es nun aufzuarbeiten. Ziel ist es, neben einer fruchtbaren Diskussion auch ein Positionspapier auf dem Historikertag 2016 zu präsentieren, welches diese für uns wichtigen Forderungen knapp und präzise wiedergeben und als weitere Anregung dienen kann.

 

 …und noch der Sexappeal

 

Bei all diesen Kampf um das Nichtvergessen werden, kann man sich natürlich fragen, warum sich das lohnt. Die Frage nach der „Narrativen Krise“ der Geschichtswissenschaften wurde ja bereits gestellt. (hier) Sie nehmen nicht den ersten Platz der attraktiven Forschungsfelder mit schnellem wirtschaftlichem Nutzen ein. Gleichzeitig ist aber das Interesse an Geschichte und auch an den Historischen Grundwissenschaften ungebrochen. Die Nachfrage ist vorhanden!

 

Deswegen wollen wir außer den Forderungen des NHG auch aufzeigen, warum es sich lohnt dafür zu kämpfen die Historischen Grundwissenschaften zu stärken. Und damit ist nicht nur der soziale oder wissenschaftliche Nutzen gemeint. Alle, die sich aktiv engagieren, tun dies mit ganzen Herzen und Leidenschaft. Neben der Diskussion um Notwendigkeiten, wird häufig außer Acht gelassen, dass wir alle für unsere Passion in der Forschung kämpfen, die wir erhalten wollen!

Auch diesen Anstoß möchten wir geben. Verlagern wir den Fokus vom Klagen über die Zustände zum Hinterfragen nach dem „warum?“. Wofür kämpfen wir? Oder um es mit Jan Keupps Worten aus einer aktuellen Debatte zu sagen: „Hilfswissenschaften sind für mich sexy, weil…“ 

 

Diesen Aufruf möchten wir weitergeben und werden ihn noch im Vorfeld des Historikertages in Zusammenarbeit mit dem Mittelalterblog und der AG für Digitale Geschichtswissenschaften im Netz verbreiten. Einen sehr anregenden Text von Lena Vosding findet ihr hier.

Auch eine Twitteraktion wurde gestartet unter den Accounts unserer beiden "Mitverschwörer" (@mittelalterblog) (@digigw)

 

 



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